Die Berufungsbegründung der Sozialistischen Gleichheitspartei gegen ihre Überwachung durch den Verfassungsschutz

Am 17. Januar stellte die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlins. Die Kammer hatte die Klage der SGP gegen ihre Überwachung durch den Verfassungsschutz mit der Begründung abgewiesen, dass schon Kritik am kapitalistischen Gesellschaftssystem und eine positive Bezugnahme auf Marx und Engels verfassungswidrig sei.

Die World Socialist Web Site veröffentlichte bereits die Antwort der Sozialistischen Gleichheitspartei auf das Urteil. An dieser Stelle dokumentieren wir die Berufungsbegründung des Anwalts der SGP, Dr. Peer Stolle, die am 15. Februar ans Gericht gesandt wurde.

Das Gebäude des Verfassungsschutzes in Berlin (Foto von "Wo st 01/Wikipedia" / CC BY-SA 3.0)

I. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils

Es bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

1. Voraussetzung ist, dass ernstliche Zweifel am Entscheidungsergebnis bestehen, nicht nur an der Begründung des Urteils (BVerwG NVwZ-RR 2004, 542 (543); VGH Kassel BeckRS 2013, 52718; OVG Lüneburg NJW 2011, 3673; NVwZ-RR 2019, 465). Zweifel an der Richtigkeit einzelner vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegter tatsächlicher Feststellungen, an der Richtigkeit seiner Subsumtion unter Rechtssätze oder an der Richtigkeit aufgestellter Rechtssätze begründen jedoch regelmäßig Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses (BVerfG NVwZ 2000, 1163 (1164); BVerwG NVwZ-RR 2004, 542 (543)). Zweifel an der Begründung indizieren daher Zweifel am Ergebnis der Entscheidung (vgl. Kopp/Schenke Rn. 7a: Vermutung).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen daher schon dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Schlüssige Gegenargumente liegen bereits dann vor, wenn substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfGE 151, 173 Rn. 32; OVG Bln-Bbg BeckRS 2009, 41737; OVG Hamburg NVwZ-RR 2018, 886 Rn. 10; VGH Kassel NJW 2001, 3722; 2009, 2470; BeckRS 2013, 52718).

Für die Berufungszulassung genügt es, dass der Erfolg der Berufung möglich ist (BVerwG NVwZ-RR 2004, 542 (543); VGH München BeckRS 2017, 127878), d. h. die Berufung nicht offensichtlich aussichtslos erscheint. Die weitere Prüfung obliegt dann dem ordentlichen Berufungsverfahren. In tatsächlicher Hinsicht bedeutet dies, wenn der Antragsteller schlüssige Argumente gegen die Tatsachenfeststellung und -würdigung des VG vorbringt, d. h. substantiiert tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist, dann muss bei diesbezüglichen Unklarheiten die Berufung zugelassen und müssen die Tatsachen im Berufungsverfahren aufgeklärt werden. Es ist nicht zulässig, diese Prüfung ins Zulassungsverfahren vorzuverlagern und damit die eigentlich erforderliche Beweisaufnahme zu umgehen (BVerfG NVwZ 2011, 546 (548)).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

2. Die in dem angefochtenen Urteil aufgeführten Gründe tragen nicht die Klageabweisung. Dem Urteil wird ein fehlerhafter Sachverhalt zugrunde gelegt und von einem nicht zutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen, so dass auch die Subsumtion rechtliche Mängel aufweist.

Dazu im Einzelnen.

a. Rechtlicher Maßstab

Rechtsgrundlage für eine Berichterstattung über einen Personenzusammenschluss in einem Verfassungsschutzbericht des Beklagten ist das Vorliegen von Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, also politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.

Dazu zählen gemäß § 4 Abs. 2 BVerfSchG folgende Prinzipien

  • das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
  • die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
  • das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
  • die Ablösbarkeit der Regierung und ihrer Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
  • die Unabhängigkeit der Gerichte,
  • der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
  • die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

Zur näheren Bestimmung der die freiheitlich demokratische Grundordnung konstituierenden Elemente ist auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückzugreifen, wonach diese in der Würde des Menschen ihren Ausgangspunkt hat und in ihrem Mittelpunkt steht (vgl. BVerfG - 2 BVB 1/13, Rn. 538). Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit. Dem Staat und seine Rechtsordnung wird jede Absolutheit und jeder 'natürliche' Vorrang genommen (a.a.O.).

Das in § 4 Abs. 2 a BVerfSchG aufgeführte Prinzip gleichberechtigter Teilnahme aller Bürgerinnen und Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung der Staatsgewalt an das Volk ist Ausdruck des Demokratieprinzips, das ebenfalls konstitutiver Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist. Demokratie ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Herrschaftsform der Freien und Gleichen. Sie beruht auf der Idee der freien Selbstbestimmung aller Bürger (vgl., BVerfG, a.a.O., Rn. 542 f.). In der Demokratie erfolgt die politische Willensbildung vom Volk zu den Staatsorgangen und nicht umgekehrt. Konzepte des dauerhaften oder vorübergehenden willkürlichen Ausschlusses eines Einzelnen aus diesem Prozess sind mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar. Zu berücksichtigen ist ferner, dass Instrumente zur Sicherung der Offenheit des Prozesses der politischen Willensbildung, wie das Mehrparteiensystem, die Chancengleichheit der Parteien, das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegenüber dem Prinzip der Offenheit nachrangig sind (BVerfG, a.a.O., Rn. 544).

Der ebenfalls in § 4 Abs. 2 a BVerfSchG aufgeführte Grundsatz der Volkssouveränität beinhaltet, dass sich alle Akte der Ausübung der Staatsgewalt auf den Willen des Volkes zurückführen lassen. Soweit das Volk die Staatsgewalt nicht selbst durch Wahlen oder Abstimmungen ausübt, sondern besonderen Organen übertragen ist, bedarf es eines hinreichend engen Legitimationszusammenhangs, der sicherstellt, dass das Volk einen effektiven Einfluss auf die Ausübung der Staatsgewalt durch diese Organe hat. Auch in diesem Zusammenhang kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorrangig nicht auf die einzelnen Instrumente zur Sicherstellung des hinreichenden Legitimationszusammenhangs (Parlamentarismus, Verantwortlichkeit der Regierung, Gesetzes- und Weisungsgebundenheit der Verwaltung) an, sondern auf die grundsätzliche Beachtung des Prinzips der Volkssouveränität. Auch wenn sich das Grundgesetz für das Modell der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie entschieden hat, verlässt nicht derjenige den Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, der neben dem oder statt des Parlamentarismus andere Wege aufzeigt, die dem Grundsatz der Volkssouveränität Rechnung tragen und die Offenheit des politischen Willensbildungsprozesses gewährleisten, solange nicht der Parlamentarismus verächtlich gemacht wird (BVerfG, a.a.O., Rn. 546).

Schließlich gehört zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung auch das Rechtsstaatsprinzip, das auf die Bindung und Begrenzung öffentlicher Gewalt zum Schutz individueller Freiheit abzielt und die Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt und die Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte als zentrale Bestimmung beinhaltet (BVerfG, a.a.O., Rn. 547).

Auch wenn diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Voraussetzungen eines Parteiverbotsverfahrens gemäß Art. 21 GG ergangen ist, ist diese Rechtsprechung jedoch bei der Auslegung der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Prinzipien und ihrer Gewichtung zu berücksichtigen.

b. Fehlerhafte Bezugnahme auf die verfassungsmäßige Ordnung und staatliche Institutionen

Ernstliche Zweifel ergeben sich schon daraus, dass das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil (bspw. UA S. 12, 13) an einigen Stellen die verfassungsmäßige Ordnung als Bezugspunkt benutzt, obwohl diese von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu unterscheiden ist. Die freiheitliche demokratische Grundordnung beschränkt sich auf diejenigen Prinzipien, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit gewährleisten (vgl. BVerfGE 2, 1 12 f.) und ist nicht identisch mit der verfassungsmäßigen Ordnung, die das Grundgesetz im Ganzen umfasst. Die Auswirkungen dieses fehlerhaften rechtlichen Maßstabes zeigt sich unter anderem darin, dass Kritik an staatlichen Institutionen, die, wie der Verfassungsschutz oder die Bundeswehr, im Grundgesetz erwähnt werden, nicht aber zu den Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehören, als Verstoß gegen das Demokratieprinzip gewertet werden (UA, S. 13).

Die Bezugnahme auf den falschen rechtlichen Maßstab zeigt sich auch in der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Gleichsetzung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung mit der verfassungsmäßigen Ordnung und dieser mit dem Staat und seinen Institutionen. So wird ausgeführt, dass die Klägerin die 'geltende verfassungsmäßige Ordnung - den 'Staat' - als „Büttel“ einer wie auch immer gearteten Kapitalistenklasse begreife (UA, S. 12). Diese Behauptung ist zunächst unzutreffend. Die Klägerin beschreibt staatliche Institutionen nicht als „Büttel“.

Selbst wenn es zutreffend wäre, wäre damit kein Angriff, erst Recht nicht ein Bestreben nach Außer-Kraft-Setzen der oben genannten Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verbunden, sondern eine zugespitzte Kritik an Mängeln in der demokratischen Kontrolle der Wirtschaft (dazu unten). Kritik am Staat und seinen Institutionen ist aber nicht mit einem Bestreben nach Beseitigung von Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gleichzusetzen. Im Gegenteil; im Mittelpunkt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht die Menschenwürde und damit das Prinzip der Begrenzung der staatlichen Gewalt durch die Grundrechte und das Erfordernis der Legitimierung staatlicher Gewalt durch das Volk und ihre Begrenzung durch diesen Willen und Bindung an Recht und Gesetz ist. Dem Staat, so das Bundesverfassungsgericht, und seine Rechtsordnung wird durch die Menschenwürde jede Absolutheit und jeder 'natürliche' Vorrang genommen. Dafür tritt auch die Klägerin ein. Wenn daher in dem Urteil ausgeführt, die Klägerin behaupte, dass der Staat nicht vom gesamten Volk legitimiert sei, ist das eine Verkürzung der von der Klägerin geübten Kritik, beinhaltet aber auch nichts, was die Annahme einer verfassungsfeindlichen Bestrebung begründen könnte. Wenn die Behauptung aufgestellt wird, das Volk habe derzeit keinen effektiven Einfluss auf die Staatsgewalt, ist das eine zulässige Meinungsäußerung, die auf die Verbesserung des derzeitigen Ist-Zustandes abzielt, aber nicht den Grundsatz der Volkssouveränität in Frage gestellt.

Soweit in dem Urteil auf Zitate von Friedrich Engels, auf die sich die Klägerin bezieht, abgestellt wird, ist hinzuweisen, dass staatliche Institutionen, wie Zwangsanstalten und Gefängnisse (sowie Verfassungsschutz und Bundeswehr), keine Schutzgüter des § 4 Abs. 2 BVerfSchG darstellen.

c. Fehlerhafte Behauptung, die Klägerin strebe eine Diktatur oder eine Ein-Parteien-Herrschaft an

Weiterhin ist der Ausgangspunkt, mit dem das Verwaltungsgericht die Zielsetzung der Klägerin bestimmt, falsch. Es liegt somit ein tatsächlicher Umstand vor, der Zweifel an der Richtigkeit des Urteils begründet.

aa. So wird in dem Urteil behauptet, dass es seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im KPD-Verbotsverfahren allgemeine Auffassung sei, dass mit den in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten zentralen Verfassungswerten eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassischen marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung nicht vereinbar sei.

Es wird schon verkannt, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum KPD-Verbot in der Öffentlichkeit und in der juristischen Literatur große Kritik erfahren hat. Es wird weiter der Umstand außer Betracht gelassen, dass nach dem Ende des sogenannten Realsozialismus, insbesondere der DDR und der Sowjetunion, nicht davon ausgegangen werden kann, dass von sozialistischen Parteien die im Realsozialismus umgesetzten Konzepte (weiter) verfolgt werden. Das KPD-Verbotsurteil ist allerdings genau vor diesem historischen Hintergrund ergangen. Dies hat mit der heutigen Zeit nichts zu tun.

Dessen ungeachtet sind die in dem dortigen Urteil getroffenen Aussagen aufgrund der gravierenden Wesensverschiedenheit zwischen der stalinistischen KPD und der Klägerin auf diese nicht übertragbar. Allein der Rückgriff auf Feststellungen zur stalinistischen KPD oder einer anderen Organisation, die sich vermeintlich oder tatsächlich auf marxistische Ideen bezieht, ist dafür nicht ausreichend. Maßstab muss vielmehr sein - darauf weist das angefochtene Urteil auch an anderer Stelle (UA, S. 15) selbst hin -, wofür die Klägerin eintritt, also für welche Lesart von marxistischen Ideen.

Dies führt dazu, dass die Kammer unter Bezugnahme auf das KPD-Verbotsurteil Behauptungen über die Klägerin aufstellt, die schlicht falsch sind. Wie bereits in früheren Schriftsätzen ausgeführt, ist die Identifikation der trotzkistischen Klägerin mit der stalinistischen KPD besonders irreführend. Die trotzkistische Bewegung wurde gerade gegen die stalinistischen Verbrechen gegründet, die die Kammer der Klägerin vorwirft zu vertreten.

Die Klägerin verfolgt kein Gesellschaftskonzept, in der die Menschenrechte nicht gewahrt werden, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition abgeschafft, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie allgemeine und gleiche Wahlen nicht gewährleistet werden würden. Insbesondere verfolgt die Klägerin kein Konzept einer 'Staatspartei', in der alle Staatsgewalt konzentriert sei. Das ist unrichtig und wird auch nicht belegt. In dem Urteil werden keine Umstände aufgeführt, die belegen, dass derartige Konzepte von der Klägerin verfolgt werden.

bb. Soweit in UA, Seite 10, aufgeführt wird, dass die Klägerin der sozialistischen Theorie einer sozialistischen Revolution als weltweiten ständigen Prozess unter Führung einer Arbeiterregierung anhänge und sie auf die Überwindung des kapitalistischen Systems abziele, ergibt sich daraus kein Nachweis für die vorab aufgestellten Behauptungen.

Erst recht nicht aus der von dem Beklagten übernommenen Behauptung, dass über die Klägerin deshalb in den angegriffenen Verfassungsschutzberichten berichtet werde, weil sie die staatliche und gesellschaftliche Ordnung als Kapitalismus verunglimpfe. Es bleibt schon unklar, ob der Beklagte und mit ihm die Kammer die Behauptung, bei dem derzeitigen Wirtschaftssystem handelt es sich um ein kapitalistisches, als unwahre Tatsachenbehauptung oder als ein Unwert-Urteil ansieht, also ob diese Behauptung, bei der derzeitigen Wirtschafsordnung handelt es sich um eine kapitalistische, falsch ist, oder es ehrenrührig sei, wenn man diese Begrifflichkeit benutz. Unabhängig davon, ist beides nicht als Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu bewerten.

Aus der in dem Urteil erfolgten Bezugnahme auf Ziff. 43 und 44 der Grundsatzerklärung ergibt sich nichts Anderes. Dort wird ausgeführt:

Unter Ziff. 43 heißt es:

'Der Kampf für den Sozialismus erfordert eine enorme politische, intellektuelle und kulturelle Entwicklung der Arbeiterbewegung. Im Gegensatz zu den Verfechtern einer pragmatischen opportunistischen Politik ist die SGP überzeugt, dass nur eine Bewegung, die auf höchstem theoretischen Niveau arbeitet, die Arbeiterklasse auf ihre Seite ziehen, sie auf den Kampf gegen den Kapitalismus vorbereiten und eine sozialistische Gesellschaft aufbauen kann. Während sich bürgerliche Politiker bemühen, die Arbeiterklasse auf ihr eigenes heruntergekommenes intellektuelles Niveau herunterzuziehen, bemüht sich die SGP, die Arbeiterklasse auf das Niveau zu erheben, dass für die Erfüllung ihrer historischen Aufgabe notwendig ist.'

Des Weiteren wird in der Ziffer auf der Internetseite 'World Socialist Web Site' (www.wsws.org) verwiesen.

Unter Ziff. 44 wird weiter ausgeführt:

'Strategisches Ziel der sozialistischen Gleichheitspartei und des Internationalen Komitees der Vierten Internationalen ist die Erziehung und Vorbereitung der Arbeiterklasse für den revolutionären Kampf gegen den Kapitalismus, die Errichtung der Arbeitermacht und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft. Unser Ziel ist nicht die Reform des Kapitalismus, sondern sein Sturz. Dieses strategische Ziel kann jedoch nur erreicht werden, wenn man den Lebensbedingungen der breiten Masse von Arbeitern größte Aufmerksamkeit schenkt und Forderungen entwickelt, die sich an ihren Bedürfnissen orientieren.'

Und weiter heißt es unter Ziff. 47:

'Die Arbeit der SGP beruht auf einem tiefen Vertrauen in die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse, das sich aus einer wissenschaftlichen Theorie und aus reichen historischen Erfahrungen ableitet. Aber der Sieg der sozialistischen Revolution hängt davon ab, dass die Arbeiter bewusst dafür kämpfen. Die Emanzipation der Arbeiterklasse ist letztlich die Aufgabe der Arbeiter selbst oder, wie Engels es ausdrückte: ‚Wo es sich um eine vollständige Umgestaltung der gesellschaftlichen Organisation handelt, da müssen die Massen selbst mit dabei sein, selbst schon begriffen haben, worum es sich handelt, für was sie mit Leib und Leben eintreten.‘ Sozialismus ist nur möglich, wenn die Arbeiter selbst ihn wollen. Umgekehrt wird keine Macht der Welt die Arbeiter in Deutschland davon abhalten können, an ihrer revolutionären Tradition anzuknüpfen und eine führende Rolle in der sozialistischen Weltrevolution zu übernehmen, wenn sie sich unter den Schlägen des krisengeschüttelten Kapitalismus dazu entschlossen haben.'

An keiner Stelle werden in diesen programmatischen Ausführungen Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung infrage gestellt, ihre Beseitigung gefordert oder ihre Geltung infrage gestellt. Die „Erziehung“ der Arbeiterklasse ist kein verfassungsfeindliches Handeln, auch nicht – wie in dem Urteil selbst ausgeführt – die Forderung nach Abschaffung des Kapitalismus.

Die Gleichsetzung der Forderung nach dem „Sturz“ des Kapitalismus mit einem Bestreben nach „Sturz“ der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erfolgt durch den Beklagten und das angefochtene Urteil, hat aber mit den Zielen der Klägerin nichts zu tun und findet auch keine Stütze in § 4 BVerfSchG oder in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

cc. Die Klägerin setzt auch nicht die freiheitliche demokratische Grundordnung mit dem Kapitalismus gleich. Im Gegenteil; sie geht davon aus, dass es eine sozialistische Gesellschaft nur geben kann, wenn die Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft Geltung beanspruchen können.

Soweit in dem Urteil wiederum Bezug genommen wird auf das KPD-Verbotsurteil und dort wiedergegebene Äußerungen von Karl Marx, wonach die Produktionsweise des materiellen Lebens den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozess und dass das gesellschaftliche Sein das Bewusstsein des Menschen bestimme, ergibt sich daraus nichts Anderes. Karl Marx kann sich gar nicht auf eine Gesellschaftsordnung bezogen haben, die auf den Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung fußt, da es eine solche Gesellschaft zu der damaligen Zeit nicht gegeben hat. Deswegen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Kapitalismus zwangsläufig mit einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung einhergehen muss und damit, wenn man ein nichtkapitalistisches Wirtschaftssystem abschaffen will, auch gleichzeitig die freiheitlich demokratische Grundordnung abschaffen will. Dies ergibt sich schon daraus, dass es bekannt sein dürfte, dass Kapitalismus als Wirtschaftsordnung auch außerhalb einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung existieren kann (bspw. im Iran, in Saudi Arabien, in Ägypten etc. pp.). Eine Gleichsetzung von einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung und Kapitalismus, wie sie in dem Urteil vorgenommen wird, ist daher unzulässig und lässt ebenfalls ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils entstehen.

d. Unrichtige Behauptung, die Klägerin ziele auf die Abschaffung des Demokratieprinzips

Weiterhin ist die Feststellung, die Ziele der Klägerin seien mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar, nicht zutreffend. Auch aus diesem Umstand ergeben sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

Die Klägerin vertritt vielmehr demokratische Prinzipien. Sie beteiligt sich an Wahlen, sie geht davon aus, dass sie als Partei nur dann an die Macht kommt, wenn eine Mehrheit der Bevölkerung sie wählt, sie verfolgt nicht das Ziel einer Staatspartei, sie erkennt das Recht auf Opposition und der Abwählbarkeit der Regierung an.

aa. Dazu wird in der Grundsatzerklärung unter Pkt. 23 ausgeführt:

'Die Verteidigung und Ausweitung demokratischer Rechte ist und bleibt die Aufgabe der Arbeiterklasse. Sie ist untrennbar mit dem Kampf für ein sozialistisches Programm und der unabhängigen Mobilisierung der Arbeiterklasse zur Eroberung der politischen Macht verbunden. Es kann keine Demokratie ohne Sozialismus geben, so wie es keinen Sozialismus ohne Demokratie geben kann.'

Soweit im Folgenden in Ziffer 23 ausgeführt wird, dass nach der Ansicht der Klägerin wirtschaftliche Gleichheit die Voraussetzung für politische Gleichheit darstelle und nur dann wirkliche Demokratie möglich sei, wenn wirtschaftliche Entscheidungen, die über das Leben von Millionen Menschen entscheiden, nicht nur privaten Unternehmen und Banken überlassen bleiben, stellt dies einen politischen Standpunkt dar, der gegen keines der oben aufgeführten Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstößt. Im Gegenteil, damit wird zum Ausdruck gebracht, dass demokratische Prinzipien auf das Wirtschaftssystem Anwendung finden müssen.

Dass das derzeitige Wirtschaftssystem Ungleichheiten produziert, die auch ein Demokratieproblem darstellen, wird von vielen geteilt. Beispielhaft soll nur auf die aktuelle Studie der Nichtregierungsorganisation Oxfam hingewiesen werden, die eine rapide Zunahme der Ungleichheit während der Covid19-Pandemie feststellen musste. Dazu wird ausgeführt (https://www.oxfam.de/ueber-uns/publikationen/gewaltige-ungleichheit-fehler-liegt-system; abgerufen am 10.02.2022):

'Diese Entwicklung [Rekordgewinne für Konzerne und Milliardär*innen auf der einen, Einkommensverlust für die meisten Menschen und zunehmende Armut auf der anderen Seite] ist kein Zufall, sondern die Folge struktureller Macht- und Eigentumsverhältnisse. Die Ursachen der sich verschärfenden Ungleichheitskrise liegen in unserem Wirtschaftssystem. Wenn Profite für Konzerne und ihre Eigentümer*innen mehr zählen als der Schutz von Menschenrechten und des Planeten, wenn aus Kostengründen eine notwendige medizinische Behandlung verwehrt wird, wenn das Geld nicht reicht, um sich gesund zu ernähren oder Arbeitsbedingungen krank machen, dann erfahren Menschen Gewalt. (...) Um ein gutes Leben für alle zu ermöglichen und die globale Zukunft sozial und ökologisch gerecht zu gestalten, brauchen wir ein grundlegendes anderes Wirtschaftssystem - eines, in dem wirtschaftliche Entscheidungen demokratischer gefällt werden und dessen handlungsleitendes Prinzip nicht der Profit, sondern das Gemeinwohl ist.'

Nach Lesart des Urteils wäre auch diese Analyse bzw. das Bestreben, bestehende Missstände aufzuheben und ein grundlegend anderes Wirtschaftssystems zu schaffen, nämlich eines, in dem wirtschaftliche Entscheidungen demokratischer gefällt werden und dessen handlungsleitendes Prinzip nicht der Profit, sondern das Gemeinwohl ist, nicht mit dem Verständnis von einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar. Da auch Oxfam davon ausgeht, dass die diesbezüglichen Entscheidungen nicht dem Demokratie-Prinzip entsprechen, würde auch diese Äußerung als verfassungsfeindlich bewertet werden. Auch dies begründet ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

bb. Die Klägerin vertritt das demokratische Mehrheitsprinzip

Soweit in dem Urteil auf die Ziff. 18 der Grundsatzerklärung Bezug genommen wird, ergibt sich schon aus diesem Passus der grundlegend demokratische Charakter der Klägerin. Dort wird ausgeführt:

'Die Arbeiterklasse muss im Kampf um die Macht alle demokratischen Rechte und gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen und energisch verteidigen.'

Dies ist Ausdruck des Grundgedankens und der maßgeblichen Strategie der Klägerin - darauf wurde schon an mehreren Stellen hingewiesen -, dass diejenigen Menschen, die von der Klägerin im Geltungsbereich des Grundgesetzes zu der Arbeiterklasse gezählt werden, die Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung darstellen und daher in dem Falle, in dem diese ihre Interessen, die sie nach Ansicht der Klägerin als Lohnabhängige haben, als für die Wahlentscheidung maßgeblich ansehen werden, eine Mehrheit der Wahlberechtigten für das Programm der Klägerin stimmen werden. In diesem Fall würde nach der Wahl eine 'Arbeiterregierung' gebildet werden, deren Ziel es ist, die Interessen der Arbeiter und damit der Mehrheit politisch Geltung zu verschaffen und umzusetzen. Dies ist ein zutiefst demokratischer Prozess.

Allein aus dem Begriff der Bildung einer 'Arbeiterregierung' kann nichts Anderes hergeleitet werden. Mit ihm sollen lediglich die dann bestehenden Mehrheitsverhältnisse beschrieben werden. Ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip kann daraus nicht abgeleitet werden. Auch der Begriff der Bildung einer 'bürgerlichen Regierung' blieb bisher seitens des Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verfassungsfeindlichkeit unbeanstandet.

cc. Auch die Forderung von „neuen Organen“ stellt kein Bestreben nach Abschaffung des Demokratieprinzips oder anderer Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung dar.

Es stellt keinen Verstoß gegen das Demokratieprinzip dar, wenn Teilbereiche der Gesellschaft zur Organisation ihres Willens eigene Organe und Organisationen entwickeln. Weder die Möglichkeit der Bildung von Betriebsräten nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist als verfassungsfeindlich anzusehen noch wird bspw. die Bildung von Lobby-Organisationen, die auf Parlamentarier und damit auf die Gesetzgebung bzw. auf die Regierung Einfluss nehmen, als Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung beanstandet. Zumindest sind aufgrund des Umstandes, dass es bisherige Praxis war, den Einfluss von Lobby-Organisationen zuzulassen und sogar ein Lobby-Register-Gesetz vom Bundestag verabschieden zu lassen, derartige Tätigkeiten als zulässig anzusehen. Nichts anderes kann für die Arbeiterklasse gelten.

Soweit behauptet wird, dass die Forderung nach Schaffung der 'neuen Organe' gegen das Demokratie-Prinzip verstößt, kann dem auch nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unverzichtbares Merkmal für ein demokratisches System die Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller Bürgerinnen und Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung der Staatsgewalt an das Volk. Wie dieser Prozess sichergestellt wird, kann im Sinne einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung offen bleiben, solange diese Prinzipien gewährleistet werden. Allein eine Kritik an dem derzeit bestehenden Ist-Zustand, wie er von der Klägerin formuliert wird, berechtigt nicht zu der Annahme, dass das Demokratie-Prinzip beseitigt oder außer Geltung gesetzt werden soll. Ausdrücklich sieht das Bundesverfassungsgericht auch die Ausweitung plebiszitärer Elemente auf der Grundlage der freiheitlich demokratischen Grundordnung als zulässig an. Wenn auf Grundlage der Sicherung gleichberechtigter Mitwirkungsmöglichkeiten aller Bürger, wie sie von der Klägerin nicht nur vertreten, sondern eingefordert werden, als politisches Ziel postuliert werden, kann daraus kein Bestreben gegen das Demokratie-Prinzip abgeleitet werden.

Es bleibt auch weiter die Behauptung, dass eine sozialistische Revolution voraussetze, dass die verfassungsmäßige Ordnung abgeschafft wird, vollkommen unbelegt. Sie ist unzutreffend und lässt weitere Zweifel an der Richtigkeit des Urteils entstehen. Soweit darauf Bezug genommen wird, dass die Kläger ein Rätesystem schaffen will, bedeutet das nicht, Demokratie abzuschaffen, sondern Mittel zu schaffen, um die Wirtschaft zu demokratisieren.

e. Unrichtige Behauptung, die Klägerin würde einen gewalttätigen Umsturz verfolgen

Es ist auch falsch und durch nichts belegt, wenn auf UA, Seite 13 f., ausgeführt wird, dass ein unter Umständen gewalttätiger Umsturz außerhalb der Ordnung des Grundgesetzes seitens der Klägerin verfolgt werde und diese davon ausgehe, wenn sie einmal die Macht erlangt habe, werde sie diese nie wieder aus der Hand geben.

Die Klägerin hat mehrmals in den Schriftsätzen - und nichts anderes ergibt sich aus ihren programmatischen Erklärungen und ihrem Grundsatzpapier - ausgeführt, dass sie nur auf demokratischem und friedlichem Weg ihre Ziele verfolgen wird. Deswegen beteiligt sie sich auch an den Wahlen. Es sind keinerlei Erklärungen oder sonstige Handlungen dokumentiert, noch werden solche von dem Beklagten behauptet, noch wird in dem angegriffenen Urteil ausgeführt, dass zu den Mitteln der Gewalt gegriffen wird oder ein gewalttätiger Umsturz gefordert wird. Nichts davon ist zutreffend und wird auch nicht belegt.

Die Klägerin verfolgt ihre Ziele mit rein legalen, demokratischen Mitteln. Sollten ihre Ziele keine Mehrheit finden, die sich dem Programm der Klägerin anschließt bzw. sich von diesem überzeugen lässt, wird sie auch nicht die Macht erreichen. Sollte sie durch einen demokratischen Prozess die politische Macht erlangen, werden auch nicht demokratische Institutionen abgeschafft, so dass auch jederzeit die Möglichkeit besteht, die entsprechende Regierung wieder abzuwählen.

f. Vertreten eines Konzeptes von „Klassenkampf“ stellt keine verfassungsfeindliche Bestrebung dar

Es bleibt schon unklar, gegen welches die freiheitlich demokratische Grundordnung konstituierende Prinzip das Konzept eines „Klassenkampfes“ verstoßen soll.

Soweit auf UA S. 11 f. ausgeführt wird, dass die Klägerin, indem sie von einer Klassengesellschaft ausgehe, nicht nur soziologische Gesellschaftsstudien betreibe, sondern die Gesellschaft in Klassen einteile, ergibt sich daraus nichts, was gegen ein Grundprinzip der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstoßen würde. Soweit die Klägerin anerkannte, wissenschaftlich fundierte soziologische Studien als Grundlage ihrer politischen Tätigkeit nimmt, ist für dieses Vorgehen nichts in irgendeiner Form zu erinnern. Auch wenn die Klägerin von Klassenkampf spricht, kann daraus nichts anderes hergeleitet werden. Es wurde bereits an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass eine Vielzahl von der Gegnerschaft der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vollkommen unverdächtigen Organisationen, für die Jungsozialisten oder die SPD von Klassenkampf reden. Auch das als Behinderung von gewerkschaftlicher Tätigkeit angesehene sogenannte Union Busting bspw. als 'Klassenkampf von oben' bewertet wird, spricht für die Realität von Klassenkämpfen. Auch der Umstand, dass während der Pandemie - von den staatlichen Institutionen unbeanstandet geblieben - die soziale Ungleichheit weltweit gestiegen ist, wird als 'Klassenkampf von oben' angesehen. Es ist nicht bekannt, dass dies als Verstoß gegen das Demokratie-Prinzip gewertet wird.

2. Zusammenfassung

Zusammenfassend bestehen gewichtige rechtliche und tatsächliche Umstände, die ernstliche Zweifel an der Unrichtigkeit des Urteils begründen.

So wird bereits der rechtliche Maßstab der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verkannt, in dem durch das Verwaltungsgericht nicht von diesem Begriff umfasste staatliche Institutionen zu den Schutzgütern zählt, und nicht die Menschenwürde in den Mittelpunkt rückt und damit gerade die Begrenzung staatlicher Macht und deren ständige Rückvergewisserung und überprüfbare Legitimierung als zentrales Prinzip ansieht.

Des Weiteren sind die in dem Urteil auf die Klägerin bezogenen Behauptungen sachlich nicht zutreffend. Sie belegen keinerlei Bestrebungen, die auf die Beseitigung eines der Prinzipien, auf die die freiheitlich-demokratische Grundordnung fußt, gerichtet sind. Eine Partei, wie die Klägerin, die sich zum Ziel gesetzt hat, demokratische Prinzipien zu verbessern und ihnen mehr Geltung zu verschaffen, indem sie diese auch auf die Wirtschaftsordnung übertragen will, verfolgt keine Bestrebungen, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind.

Schon aus diesem Grund ist der Erfolg einer Berufung wahrscheinlich, so dass schon aus diesem Grund die Berufung zuzulassen ist.

Auf all dem beruht das Urteil. Hätte das Gericht den zutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt und die richtigen Tatsachenfeststellungen getroffen, hätte es festgestellt, das von der Klägerin keine Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung ausgehen und der Klage stattgegeben.

Die Berufung ist daher zuzulassen.

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